Sonntag, 11. Dezember 2016

Die 15 legendären Geschlechter der Stadt Köln

Von der Aducht, Bircklin, Grin, Gyr, Hardevust, Hirtzelin, vom Horn, Jude, Kleingedank, Lyskirchen, Overstolz, Quattermart, Scherffgin und vom Spiegel. Jeder, der sich schon einmal mit der Stadtgeschichte Kölns beschäftigt hat, wird früher oder später nicht nur auf diese Namen gestoßen sein, sondern auch auf die Legende, die die 15 sagenhaften Geschlechter Kölns umgibt. Schon die beiden im späten 15. Jahrhundert entstandenen Stadtchroniken Kölns, die Agrippina (1469-1472) Heinrichs van Beeck und die Cronica von der hilliger stat van Coellen (1499), berücksichtigen diese Legende und erwähnen 15 legendäre Kölner Geschlechter, die eng mit der Geschichte der Stadt Köln verbunden gewesen sein sollen. Doch wer genau waren diese Geschlechter und was genau macht sie so legendär? Diese Fragen versucht unser neuer kurz!-Artikel zu beantworten.

Sonntag, 27. November 2016

Friedrich I. und die Päpste: Teil IV – Letzte Provokationen und Doppelwahl

Im letzten Teil unserer kurz!-Reihe ging es um die Streitigkeiten zwischen Papst Hadrian IV. und Kaiser Friedrich I. Barbarossa rund um den Hoftag von Besanç​​on (1157). Diese hatten zu einer weiteren Verhärtung der Fronten zwischen den beiden Mächten, aber auch innerhalb des Kardinalskollegiums geführt. Als der Kaiser sich im Jahre 1158 erneut nach Italien aufmachte, um zu versuchen, die lombardischen Städte endlich unter Kontrolle zu bringen, war die Stimmung bereits äußerst angespannt. Wie es zum endgültigen Bruch zwischen Papst und Kaiser kam, und wie dieser schließlich zu einer Doppelwahl führte, auf die eine fast 20 Jahre andauernde Kirchenspaltung folgen sollte, lest ihr im letzten Teil dieser kurz!-Reihe.

Sonntag, 13. November 2016

Der Illuminatenorden

Das 18. Jahrhundert war nicht nur das Jahrhundert der Aufklärung, sondern auch das Jahrhundert der Geheimbünde. Der Illuminatenordnen, um den es heute bei uns gehen soll, steht dabei besonders in Verbindung mit zahlreichen Gerüchten und Legenden. Diese haben ihren Ursprung vor allem in der Thematisierung des Ordens in Literatur und Film, beispielsweise im Roman Das Foucaultsche Pendel von Umberto Eco (1988) oder in Dan Browns Illuminati (2003), der 2009 überaus erfolgreich verfilmt wurde. Unser neuer Artikel möchte sich jedoch weniger mit den Verschwörungstheorien, die den Orden umranken, beschäftigen, sondern vielmehr die Geschichte und Ziele der Geheimgesellschaft vorstellen. 

Sonntag, 23. Oktober 2016

Die 'Alchymey teuczsch' – Zwischen Goldvermehrung, Allheilmitteln und Geheimschrift

Auch heute noch werden immer wieder Geheimschriften oder codierte Nachrichten benutzt, um bestimmte Informationen oder Wissen nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich zu machen. Dieser Einsatz von verschlüsselten Texten ist jedoch kein Vorgehen, das erst in der Neuzeit entstanden ist, sondern bereits im Mittelalter wurden Chiffren zu diesem Zweck eingesetzt. In diesem Artikel steht eine mittelalterliche Handschrift mit medizinischen, chemischen, aber vor allem alchemistischen Inhalten im Vordergrund, die sich vor allem wegen der Benutzung von Geheimzeichen durch die Verfasser auszeichnet. Damit sollte verhindert werden, dass das erarbeitete alchemistische Fachwissen in die falschen Hände gerät. Nach einem kurzen Überblick über die Geschichte und die Inhalte der Alchemie, soll im zweiten Teil des Artikels die Handschrift im Vordergrund stehen.

Sonntag, 25. September 2016

Wege in die Freiheit – Sklaverei im Mittelmeerraum Teil 2

Im ersten Teil unserer kurz!-Reihe „Wege in die Freiheit – Sklaverei im Mittelmeerraum“ haben wir uns mit dem Sklaven Sayt Sanagi befasst. Als Sklave des Sklavenhalters und Medizinmeisters Arnaldus Iarmani war Sayt, wie die meisten anderen Sklaven im Mittelmeerraum auch, in seinen Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten stark eingeschränkt. So durfte er beispielsweise die Stadt Barcelona nicht verlassen, sich nicht prügeln oder betrinken und keinerlei Glücksspiele spielen. Ein Sklavenhalter sah das Verhalten seiner Sklaven immer als Abbild und Ergebnis seines eigenen gesellschaftlichen Ranges. Und dennoch: Sklaven hatten auch fast immer die Möglichkeit, sich freizukaufen oder freigekauft zu werden. Dies zeigt die in Teil 1 genannte Quelle besonders deutlich: Im Vertrag zwischen Arnaldus Iarmani und seinem Sklaven Sayt Sanagi wurden die Konditionen für die Freilassung mittels Loskauf festgehalten; ebenso wurden die möglichen Sanktionen bei Missachtung einzelner Bedingungen niedergeschrieben. Gleichzeitig benannte Sayt Bürgen, sogenannte fideiussores, die im Vertrag aufgelistet wurden und ihn letztlich auch unterschreiben mussten. Diese fideiussores, in diesem Fall allesamt ehemalige Sklaven, mussten im Falle einer Flucht Sayts für diesen einstehen und galten somit als Absicherung des Sklavenhalters. Zudem beweisen diese Bürgschaften eine Form von Solidarität unter Sklaven und ehemaligen Sklaven.

Sklavenmarkt in Jemen, 13. Jahrhundert (Sklavenmärkte im Mittelmeerraum glichen diesem Beispiel)  / Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/51/Slaves_Zadib_Yemen_13th_century_BNF_Paris.jpg

Sonntag, 18. September 2016

Ambroise Paré – Wegbereiter der modernen Chirurgie

In der Geschichte waren es häufig Zufälle oder unübliche Vorgehensweisen in Krisen- und Notsituationen, die Entdeckungen und Fortschritte im Bereich der Medizin nach sich zogen. In unserem heutigen Artikel soll es um den französischen Chirurgen Ambroise Paré (um 1510-1590) gehen, der – auf den Schlachtfeldern seiner Zeit tätig – zahlreiche medizinische Methoden revolutionierte, neue chirurgische Instrumente erfand und durch sein Können und seine Einfälle schließlich zum Hofchirurgen mehrerer Könige aufstieg.

Ambroise Paré, Porträt aus Deux livres de chirurgie (1573)
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c7/Ambroise_Par%C3%A9_1573.jpg

Sonntag, 11. September 2016

Die Medizinschule von Salerno

Wohl jeder, der schon einmal den Spuren mittelalterlicher Medizin nachgegangen ist, ist früher oder später auf die Geschichte der Ärzte- bzw. Medizinschule von Salerno gestoßen. Auch wenn die Entstehung der Scuola Medica Salernitana heute ungeklärt ist, entwickelte sich Salerno im Mittelalter durch die hier tätigen Ärzte zu einem Zentrum der medizinischen Bildung und nicht selten wird heute aufgrund dieses Lehr- und Lernbetriebs von der ältesten Universität Europas gesprochen. Dieser Artikel möchte nicht nur der Geschichte und Entwicklung der Ärzteschule von Salerno nachgehen, sondern auch klären, welchen Stellenwert Salerno für die mittelalterliche Medizin einnahm und wie Salerno von den Zeitgenossen wahrgenommen wurde.

Darstellung der Medizinschule von Salerno aus einer Abschrift des Canon medicinae des Avicenna
(https://de.wikipedia.org/wiki/Schule_von_Salerno#/media/File:ScuolaMedicaMiniatura.jpg)

Sonntag, 4. September 2016

Friedrich I. und die Päpste: Teil III – Der Hoftag von Besançon

In den letzten beiden Artikeln dieser kurz!-Reihe ging es um die Vorbereitungen die Durchfürgung der Kaiserkrönung Friedrich I. Barbarossas in Rom durch Papst Hadrian IV. im Jahre 1155. Bereits beim ersten Zusammentreffen zwischen dem römisch-deutschen König und dem Papst waren Spannungen offen zutage getreten, die sich im Laufe des Italienzuges Barbarossas noch ausweiteten. Der frisch gekrönte Kaiser hatte Italien auf Druck seiner Großen und aufgrund von Krankheiten und Hitze, die seinem Heer zu schaffen machten, wieder verlassen müssen, ohne die von ihm im Konstanzer Vertrag (1153) gemachten Zusagen einhalten zu können. Daraufhin hatte der Papst sich den mit dem römisch-deutschen Reich verfeindeten Normannen auf Sizilien zugewandt und mit ihnen den sogenannten Vertrag von Benevent (1156) geschlossen (mehr über darüber erfahrt ihr in Teil I und Teil II unserer Reihe).

Sonntag, 31. Juli 2016

Der Londoner Kutschenstreit

Ludwig XIV. (1638-1715), der wohl bekannteste französische König, wurde schon im Alter von vier Jahren als König inthronisiert, nachdem sein Vater Ludwig XIII. im Mai 1643 gestorben war. Zunächst übernahm seine Mutter, Anna von Österreich (1601-1666), die Regentschaft für ihren noch unmündigen Sohn, wobei politische Entscheidungen in dieser Zeit schon hauptsächlich vom leitenden Minister und Kardinal Jules Mazarin (1602-1661) getroffen wurden. Dieser übernahm außerdem die Rolle des Erziehers Ludwigs und machte ihn mit der Führung des Staates vertraut. Als Mazarin 1661 starb, war Ludwig 22 Jahre alt und bereit, die Regierungsgeschäfte von nun an eigenständig zu führen und zu beweisen, dass er im Spiel der europäischen Mächte nicht nur bestehen, sondern dieses auch dominieren konnte. In diesem Artikel soll es um eine der ersten Amtshandlungen Ludwigs, den sogenannten Londoner Kutschenstreit, gehen, mit der der spätere „Sonnenkönig“ erstmals eigenständig die Vormachtstellung Frankreichs gegenüber Spanien einforderte und durch taktisches Agieren schließlich auch durchsetzen konnte.


Ludwig XIV. 1661, Gemälde von Charles Le Brun, Öl auf Leinwand, Schloss von Versailles.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/40/Louis-xiv-lebrunl.jpg

Sonntag, 24. Juli 2016

Item we den Papegojen affschüt – Papageienschießen im Mittelalter

Zumeist einmal im Jahr treffen sich heute in zahlreichen Städten Schützenvereine oder Schützenbruderschaften zu ihren Schützenfesten, zu deren Höhepunkt ein Schießwettbewerb unter den Mitgliedern gehört. Doch wo liegen die Ursprünge dieser Volksfeste? Wann ist die Tradition der Schützenfeste entstanden? Dieser Artikel möchte die gestellten Fragen beantworten und aufzeigen, dass die Geschichte der Schützenfeste bis ins Mittelalter zurückreicht. Denn spätestens im 15./16. Jahrhundert war das Papageienschießen um Pfingsten, bei dem in den meisten Fällen ein bunter, papageienartiger, hölzerner Vogel von einer Stange geschossen werden musste, eins der wichtigsten bürgerlichen Feste nach der Fastnacht, das vor allem in den größeren Städten Nordeuropas weit verbreitet war. 

Darstellung eines Papageienschießens aus dem 16. Jahrhundert
https://fr.wikipedia.org/wiki/Papegai#/media/File:Jeu_du_papegay_en_Anjou.jpg

Sonntag, 17. Juli 2016

Wege in die Freiheit – Sklaverei im Mittelmeerraum Teil 1



"Sighting the quarry from the deck of the corsair" - Ölgemälde von Niels Simonsen / Quelle: http://www.wikigallery.org/wiki/painting_286379/Niels-Simonsen/Sighting-the-quarry-from-the-deck-of-the-corsair

Das oben dargestellte Gemälde von Niels Simonsen (1837) zeigt eine für den spätmittelalterlichen Mittelmeerraum typische Szenerie. Zu sehen ist ein auf dem Mittelmeer fahrendes Korsarenschiff aus Nordafrika mit Besatzung. Das Schiff besitzt Kanonen, die Besatzung ist bewaffnet und sichtet im abgebildeten Moment ein anderes Schiff, das überfallen und gekapert werden soll. In einem solchen Fall lauerten die Korsaren, also Seeräuber, die mit einem eigenen, vom Staat unabhängigen, Schiff Handelsschiffe kaperten, besonders reichen Christen auf, die in Geiselhaft genommen und später verkauft werden konnten, oder auch armen Christen, die auf dem Sklavenmarkt ihren Besitzern gutes Geld einbrachten.

Sonntag, 10. Juli 2016

Friedrich I. und die Päpste: Teil II – Die Kaiserkrönung, der Abbruch des Italienzuges und die Zuwendung des Papstes zu den Normannen in Sizilien


Der thronende Kaiser Friedrich I. Barbarossa; Miniatur aus der Welfenchronik (um 1170 entstanden), https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_I._%28HRR%29#/media/File:Friedrich-barbarossa-und-soehne-welfenchronik_1-1000x1540.jpg

Im ersten Teil unserer kurz!-Reihe über die Beziehungen Friedrich I. Barbarossas zu Papst Hadrian IV. ging es um einen Eklat im Rahmen des ersten persönlichen Aufeinandertreffens zwischen den beiden Männern. Dabei stand die nach Meinung der päpstlichen Seite ungenügende Ausführung des Strator- und Marschalldienstes und die anschließende Verweigerung des Papstes, dem deutschen König den Friedenskuss zu geben, im Fokus. Nachdem dieser Konflikt schließlich überwunden werden konnte, sollte nun Barbarossas Kaiserkrönung durch Hadrian IV. in Rom erfolgen, die der eigentliche Anlass des ersten Italienzuges (1154-1155) gewesen war.

Sonntag, 26. Juni 2016

Wilhelmine von Grävenitz – Aufstieg und Fall einer Mätresse

Dass Herrschende in der Frühen Neuzeit Mätressen hatten und diese teilweise über immensen politischen Einfluss verfügten, war keine Seltenheit. Madame de Pompadour, Mätresse des französischen Königs Ludwig XV., ist hierfür wohl das bekannteste Beispiel. Dabei waren jene Frauen aber auch stets der Gefahr ausgesetzt, den gerade gewonnenen Einfluss genauso schnell wieder zu verlieren. In unserem heutigen Artikel beschäftigten wir uns mit Wilhelmine von Grävenitz (1685-1744), die als Mätresse des Württembergischen Herzogs Eberhard Ludwig (1676-1733) einen enormen gesellschaftlichen und politischen Aufstieg erlebte, bevor sie durch einen plötzlichen Todesfall in der Familie des Herzogs ihrer Stellung und ihres Ansehens beraubt wurde.

Sonntag, 19. Juni 2016

Item eyne nüwe nase zcu machen – Die Beschreibung der Nasenersatzplastik Heinrichs von Pfalzpaint

Als der deutsche Mediziner Carl Ferdinand von Graefe zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Berlin mehrere Nasenrekonstruktionen durchführte, wandte er dabei eine Methode an, die bereits knapp 400 Jahre vor ihm vom Wundarzt Heinrich von Pfalzpaint (1400-1465) als neue 'italienische Methode' beschrieben worden war. Auch wenn Graefe seine Rekonstruktionsmethode als 'deutsche Methode' verstand, wandte er also medizinisch-chirurgisches Wissen an, dass im Mittelalter entstanden und (weiter)entwickelt worden war. Im Mittelpunkt unseres Artikels soll die spätmittelalterliche Beschreibung der gestielten Nasenersatzplastik Heinrichs von Pfalzpaint stehen, die als Erstbeschreibung der Nasenplastik überhaupt gelten kann.

Sonntag, 12. Juni 2016

Friedrich I. Barbarossa und die Päpste: Teil I – Der Eklat von Sutri


 
Friedrich I. Barbarossa küsst Papst Alexander III. die Füße, Francesco Salviati, entstanden im 16. Jahrhundert, http://www.zeno.org/Kunstwerke/B/Salviati,+Francesco%3A+Die+Vers%C3%B6hnung+zwischen+Papst+Alexander+III.+und+Friedrich+I.+Barbarossa+in+Venedig.
Dieses Bild zeigt die Aussöhnung Friedrich I. Barbarossas (um 1122-1190) mit Papst Alexander III. (um 1100-1181) nach dem fast 20 Jahre andauernden sogenannten "Alexandrinischen Schisma", dessen Entstehung durch eine ganze Reihe von Konflikten zwischen Kaiser und Kurie begünstigt wurde. Friedrich I. Barbarossa ist wohl eine der bekanntesten Gestalten des Mittelalters. Meist wird er als eine Art Lichtgestalt und Identitätsstifter in der deutschen Geschichte dargestellt und seine Herrschaft als äußerst erfolgreich nachgezeichnet. Dass es innerhalb seiner Regierung aber auch zu den oben bereits erwähnten heftigen Auseinandersetzungen mit dem Papst und der römischen Kurie kam, die schließlich in einer Kirchenspaltung endeten, wird dabei häufig übersehen. Weshalb sich die Fronten zwischen Papst und Kaiser so dermaßen verhärteten, dass es 1159 zu einer doppelten Papstwahl kam, bei der sich die Wunschkandidaten der kaiserlichen und der kurialen Partei unversöhnlich gegenüberstanden, soll in dieser kurz!-Reihe beleuchtet werden. Dabei soll immer wieder die Frage im Vordergrund stehen, inwiefern den verschiedenen Konflikten möglicherweise eine Provokation zugrunde lag und wann es sich schlicht um ein Missverständnis gehandelt haben könnte.

Sonntag, 5. Juni 2016

Der Elefant Abul Abaz

Als der jüdische Kaufmann und Dolmetscher Isaak mit einer kleinen Delegation des abbasidischen Kalifen Hārūn ar-Raschīd (Kalif von 786 bis 809) am 20. Juli 802, zwei Jahre nach der Verleihung der Kaiserwürde an Karl den Großen (747-814, Kaiser ab 800), eines der Tore der Kaiserpfalz Aachen durchquerte, wurde er dabei vom Elefanten Abul Abaz begleitet. Die Einwohner müssen nicht schlecht gestaunt haben, hatten sie ein solch exotisches und außergewöhnliches Wesen bis dahin garantiert noch nie gesehen. In unserem Artikel deuten wir die wenigen Quellenaussagen, erörtern die Hintergründe dieses wertvollen Geschenks und entkräften einige Mythen und Legenden, die sich um den Elefanten ranken.


Sonntag, 29. Mai 2016

Die Wundervölker des Ostens*

Im Jahr 1493 veröffentlicht der Humanist und Historiker Hartmann Schedel (1440–1514) seine Weltchronik. Von der Erschaffung der Welt bis in seine eigene Gegenwart gliedert Schedel die Weltgeschichte in insgesamt sieben Weltalter – samt Ausblick auf das Jüngste Gericht. Dabei geht es ihm nicht allein um die Wiedergabe historischer Ereignisse, auch Wunderberichte und Sensationsmeldungen finden Platz in seinem monumentalen Werk. 

Auf eine der seltsamsten Stellen des Werkes trifft der Leser direkt nach dem Bericht über die Sintflut: Rechts und links vom Text finden sich Holzschnitte, auf denen 14 Vertreter ganz absonderlich aussehender Völker abgebildet sind, die in den entlegenen Regionen „india“ und „ethiopia“ leben sollen (Abb. 1, Blatt XIIr). Glaubt man den Holzschnitten, dann geht es skurril zu dort am Rande der Welt: Manche Bewohner haben so große Ohren, dass sie damit ihren ganzen Körper bedecken können. Andere Wesen tragen auf ihrem Menschenkörper einen Hundekopf und können deshalb nur bellen. Auch Wesen mit Kranichhälsen und Schnäbeln sollen das Ende der Welt bevölkern. Hartmann Schedel hat sich diese wundersamen Wesen nicht selbst ausgedacht, sondern zusammengetragen, was er bei anderen Autoren über ihre Existenz gelesen hat. Schedel ist Glied in einer langen Kette literarischer Berichte über die Bewohner entlegener Erdregionen. Doch wo liegen die Wurzeln der Vorstellung, die Ränder der Welt seien von monstra, also deformierten Wesen, bewohnt?

Wundervölker im Liber chronicarum von Hartmann Schedel, fol. 12r (© BSB München, INK S-195)
http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00034024/image_94 

Sonntag, 15. Mai 2016

„Wie Phönix aus der Asche“ – Geschichte und Ursprung des mythischen Vogels

Hätte mir gerade noch gefehlt, wenn Dumbledores Vogel stirbt, während ich allein mit ihm bin, dachte Harry gerade - als der Vogel in Flammen aufging. […] [F]ieberhaft schaute er sich um, ob es nicht irgendwo ein Glas Wasser gäbe, aber er sah keines; der Vogel war mittlerweile ein Feuerball geworden; er gab einen lauten Schrei von sich und schon war nichts mehr von ihm übrig als ein schwelender Haufen Asche auf dem Boden. Die Bürotür ging auf und Dumbledore kam mit ernstem Gesichtsausdruck herein. »Professor«, keuchte Harry, »Ihr Vogel - ich konnte nichts machen - er hat einfach Feuer gefangen.« Zu Harrys Verblüffung lächelte Dumbledore. […] »Fawkes ist ein Phönix, Harry. Phönixe gehen in Flammen auf, wenn es an der Zeit für sie ist zu sterben, und werden aus der Asche neu geboren. Sieh mal ...« Harry sah gerade noch rechtzeitig hin, um einen winzigen, verschrumpelten, neugeborenen Vogel den Kopf aus der Asche stecken zu sehen. Er war genauso hässlich wie der alte. »Ein Jammer, dass du ihn an einem Brandtag sehen musstest«, sagte Dumbledore und setzte sich hinter seinen Schreibtisch. »Eigentlich ist er die meiste Zeit sehr hübsch, herrlich rot und gold gefiedert. Faszinierende Geschöpfe, diese Phönixe. Sie können unglaublich schwere Lasten tragen, ihre Tränen haben heilende Kraft und sie sind außerordentlich treue Haustiere.«“ 
(Rowling, Joanne K., Harry Potter und die Kammer des Schreckens, Hamburg 1999, S. 215-216)

Dieser Abschnitt beschreibt die erste Begegnung Harry Potters mit dem Phönix Fawkes in J.K. Rowlings „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“. Im weiteren Verlauf des Bandes, aber auch der ganzen Buchreihe, kommt dem Phönix Fawkes eine zwar kleine, aber auf keinen Fall zu unterschätzende Rolle zu. Durch seine besonderen Fähigkeiten rettet er nicht nur dem Protagonisten der Serie, sondern auch seinem Besitzer Albus Dumbledore das Leben und tritt immer wieder im entscheidenden Moment auf, um alles zum Guten zu wenden.

Im dritten Artikel unseres Themenmonates ‚Tiere und Fabelwesen‘ wollen wir uns mit den überlieferten Eigenschaften des Phönix beschäftigen, von denen auch J. K. Rowling einige im oben zitierten Abschnitt aufgreift und versuchen, uns dem Ursprung des legendären Vogels zu nähern.

Sonntag, 8. Mai 2016

Eine Giraffe in Europa – die Medici-Giraffe

Im zweiten kurz!-Artikel des Themenmonats 'Tiere & Fabelwesen' wenden wir uns den so genannten Herrschertieren zu, also solchen Tieren, die von vorrangig weltlichen und kirchlichen Herrschern im Mittelalter und der Frühen Neuzeit zumeist in eigenen Menagerien gehalten wurden. Im Vordergrund soll dabei die Medici-Giraffe stehen, die Ende des 15. Jahrhunderts Florenz erreichte und dort für großes Aufsehen sorgte.

Giorgio Vasari: Lorenzo de' Medici empfängt die Gaben der Botschafter (1556-1558); im Hintergrund oben rechts die Medici-Giraffe
(
https://it.wikipedia.org/wiki/Giraffa_dei_Medici#/media/File:Giorgio_Vasari_-_Lorenzo_the_Magnificent_receives_the_tribute_of_the_ambassadors_-_Google_Art_Project.jpg)

Samstag, 30. April 2016

Die Bestie vom Gévaudan

Der erste Artikel unseres Themenmonats zu Tieren & Fabelwesen führt uns in den Süden Frankreichs, in die Gegend des heutigen Départements Lozère. Dort kam es in der Region Gévaudan zwischen 1764 und 1767 zu einer Reihe von teilweise sogar tödlichen Angriffen auf Menschen, die der Legende nach von einem wolfsartigen Raubtier verübt worden sein sollen. Schnell wurde das Tier als die „Bestie vom Gévaudan“ (frz. «Bête du Gévaudan»), bezeichnet, die die Bewohner in Angst und Schrecken versetzte. Unser Artikel beschäftigt sich mit den überlieferten Geschehnissen und versucht, dem wahren Kern der Ereignisse auf die Spur zu kommen.

Themenmonat Mai - Tiere und Fabelwesen

Der Elefant Abul Abaz

Die Wundervölker des Ostens

„Wie Phönix aus der Asche“ – Geschichte und Ursprung des mythischen Vogels

Eine Giraffe in Europa – die Medici-Giraffe

Die Bestie vom Gévaudan

Sonntag, 24. April 2016

Thronfolge im Mittelalter IV

Teil IV: Thronansprüche & Aufstände


Die Thronansprüche innerhalb der ottonischen Familie
In den bisherigen drei Teilen von „Thronfolge im Mittelalter“ haben wir einen genaueren Blick auf verschiedene Thronfolgeregelungen, wie beispielsweise die primogenitur und die Designation, geworfen und anhand von exemplarischen historischen Thronfolgen erläutert. Dabei ist nicht verborgen geblieben, dass eine Thronfolge nicht immer konfliktfrei verlief und es oftmals sogar zu blutigen Streitigkeiten zwischen verschiedenen beteiligten Parteien kam.
Als Otto I. (912-973) im Jahr 936 zum König des Ostfrankenreiches und damit zum Nachfolger seines Vaters Heinrich I. (876-936) erhoben wurde, sollten zahlreiche Konflikte, Unruhen und Aufstände folgen. Diese Individualsukzession stieß innerhalb der Familie, aber auch bei vielen weiteren Adeligen, nur auf wenig Gegenliebe. Diese Aufstände innerhalb der Familie werden im Fokus dieses Artikels stehen. Wer waren die Gegner Ottos I. und was waren ihre Beweggründe den neuen König zu konfrontieren? Schädigten diese Aufstände und Konflikte im Ostfrankenreich das Ansehen und die Stellung des Königs? 

Verwandtschaftstafel der Ottonen in der Chronica Sancti Pantaleonis aus dem frühen 13. Jahrhundert / Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5e/StammtafelOttonen0002.jpg

Sonntag, 17. April 2016

Die Wikinger - Seekrieger des Nordens

Denkt man heute an die Wikinger, kommt einem sofort das Bild des Kriegers mit gehörntem Helm und Bart in den Sinn, der mit einem charakteristisch aussehenden, länglichen Boot mit seinen rot-weiß gestreiften Segeln auf Raubzüge fährt und seine Opfer in Angst und Schrecken versetzt. Der Mythos von den wilden Wikingern wurde bereits im Mittelalter von christlichen Autoren geprägt, die mit den heidnischen Kulten und ihrer andersartigen Lebensweise nicht viel anzufangen wussten. Doch steckt hinter „den Wikingern“ (der Name bedeutet übrigens übersetzt „Seeräuber“) weit mehr als das. Dieser Artikel soll sich nach einem kurzen Überblick über die Herkunft und die Voraussetzungen für die Ausbreitung der Wikinger mit Aspekten beschäftigen, die ansonsten eher nicht im Mittelpunkt stehen. Dazu gehört beispielsweise die Rolle der Frau im Sozialgefüge der skandinavischen Gesellschaft des 8.-11. Jahrhunderts, aber auch die Kultur und Religion der Wikinger.

Darstellung von Wikingerschiffen auf de Teppich von Bayeux (11. Jahrhundert), https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a2/Bayeux_Tapestry_1.jpg.

Sonntag, 10. April 2016

100 Wörter - Das Blutgericht zu Cannstatt

Karl Martell teilt das Reich zwischen seinen Söhnen Karlmann und Pippin dem Jüngeren auf.
Buchmalerei in einer Handschrift der Grandes Chroniques de France, Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. fr. 2615, fol. 72.
Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e4/Charles_Martel_divise_le_royaume_entre_
Das sogenannte „Blutgericht zu Cannstatt“ besiegelte 746 das Ende des alemannischen Herzogtums. Nach dem Tod des fränkischen Hausmeiers Karl Martell 741 wurde das Frankenreich unter seinen drei Söhnen aufgeteilt, wobei sich Pippin und Karlmann gegen Grifo verbündeten. Die Zentralisierung des Frankenreiches stand im Fokus, denn die Stellung Pippins und Karlmanns wurde durch Aufstände einiger Herzogtümer bedroht: Siege über Bayern, Aquitanien und Alemannien folgten. Im Anschluss an die Niederlage Alemanniens folgte das Blutgericht, infolgedessen tausend alemannische Adlige hingerichtet wurden – eine Fehlinterpretation mehrerer Quellen, bei der die Folgen des Strafgerichts mit einer Notiz über tausende Opfer eines Feldzuges von Karlmann gleichgesetzt wurden.

Sonntag, 3. April 2016

Die „Große Pest von London“ und das Schicksal des Dorfes Eyam

In einem früheren Artikel haben wir uns bereits mit dem Großen Brand Londons beschäftigt, der 1666 einen Großteil der Hauptstadt zerstörte. 1665 und 1666 wurde die Stadt an der Themse jedoch von einer zusätzlichen Katastrophe heimgesucht, um die es im heutigen Artikel gehen soll. Die Rede ist von der „Großen Pest von London“, die, anders, als der Name es vielleicht vermuten lässt, nicht nur in London wütete, sondern sich auch in weiteren Gegenden des Landes ausbreitete. Deshalb soll neben den Ereignissen in London exemplarisch auch ein Blick auf das besondere Schicksal des Dorfes Eyam geworfen werden, welches sich selbst unter Quarantäne stellte, um eine weitere Ausbreitung der häufig todbringenden Krankheit zu verhindern.

Anonymer Künstler, The Great Plague of London in 1665.
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Great_plague_of_london-1665.jpg

Sonntag, 27. März 2016

Die Ehefrauen Heinrichs VIII., Teil V: Catherine Howard


Portrait von Hans Holbein the Younger, 1542,
 https://commons.wikimedia.org/wiki/Henry_VIII_of_England?uselang=de#/media/File:Hans_Holbein_d._J._048.jpg

Dieses Bild zeigt den schon fast legendären englischen König Heinrich VIII. (1491-1547) im Jahr 1542. Bekannt wurde er unter anderem dafür, dass er die Reformation in England entscheidend vorantrieb, aber auch für seine insgesamt sechs Ehen, von denen zwei mit der Enthauptung seiner Gattinnen endeten. Während meistens Heinrich selbst im Fokus der Aufmerksamkeit steht, werden wir uns in unserer kurz!-Reihe mit seinen Ehefrauen beschäftigen. Im Mittelpunkt des fünften Teils dieser Reihe steht Catherine Howard (zwischen 1521 und 1525-1542), die Heinrich VIII. 1540 nach der Scheidung von Anna von Kleve zu seiner fünften Ehefrau machte.

Sonntag, 20. März 2016

Die Ehefrauen Heinrichs VIII., Teil IV: Anna von Kleve


Bildnis Heinrichs VIII. vom niederländischen Maler Job van Cleve  (um 1535)

Dieses Bild zeigt den schon fast legendären englischen König Heinrich VIII. (1491-1547). Bekannt wurde er unter anderem dafür, dass er die Reformation in England entscheidend vorantrieb, aber auch für seine insgesamt sechs Ehen, von denen zwei mit der Enthauptung seiner Gattinnen endeten. Während meistens Heinrich selbst im Fokus der Aufmerksamkeit steht, werden wir uns in unserer kurz!-Reihe mit seinen Ehefrauen beschäftigen. Im Mittelpunkt des vierten Teils dieser Reihe steht Anna von Kleve (1515-1557), die Heinrich VIII. im Januar 1540 zu seiner vierten Ehefrau machte.

Sonntag, 13. März 2016

Friedrich Barbarossa und die zweimalige Unterwerfung Mailands

„(Dort) stand der carroccio, der von vielen Eichenbohlen eingefasst, zum Kämpfen von oben herab ziemlich gut gerüstet und mit Eisen überaus stark beschlagen war und in dessen Mitte sich ein schmaler Mastbaum erhob, der von unten bis oben mit Eisen, Lederriemen und Stricken äußerst fest umwunden war. Dessen Spitze überragte das Zeichen des Kreuzes, auf dessen vorderen Teil der heilige Ambrosius gemalt war, nach vorne blickend und Segen spendend, wohin der Wagen auch bewegt wird. Nach dem völligen Verzicht der Mailänder auf Ehre fuhr zuletzt dieser Wagen heran, um selbst sein Haupt zu neigen. […] Aber der herabgesenkte Mast fiel nicht und erhob sich nicht, bis der Kaiser die Fransen der Fahne zusammenlas und carroccio wieder aufrichten und als unterworfen dastehen ließ.“
(Burchard, Übersetzung nach Görich: Die Ehre Friedrich Barbarossas, S. 250f.)

Dieser Ausschnitt aus dem Werk des Chronisten Burchard von Ursberg beschreibt den Höhepunkt der zweiten Unterwerfung (lat. deditio) Mailands vor die Füße des Kaisers Friedrich Barbarossa (1122-1190). Der carroccio, ein imposanter von Pferden oder Ochsen gezogener Triumphwagen, musste sich ihm symbolisch unterwerfen – und mit ihm die ganze Stadt Mailand mit ihren Einwohnern. Als Herrschaftszeichen Mailands symbolisierte er alle Macht der italienischen Kommune. Die Fahnen und Trompeten bildeten zusammen mit dem carroccio die Merkmale der Mailänder Herrschaftsordnung. Neben der symbolisiertenpolitischen Macht war der carroccio auch ein religiöses Symbol. Im Zentrum dieses Artikels steht die Frage, wie es soweit kommen konnte, dass ein Kaiser, der eigentlich für seine clementia (Milde) geschätzt wurde, eine ganze Stadt bedingungslos unterwerfen und anschließend sogar weitgehend zerstören ließ? Zudem ist die Betrachtung des mittelalterlichen Rituals der deditio für die Auseinandersetzung Barbarossas mit Mailand unbedingt notwendig. 

Friedrich I. Barbarossa (Mitte) mit seinen Söhnen Heinrich VI. und Friedrich von Schwaben in der Historia Welforum / Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/07/Friedrich-barbarossa-und-soehne-welfenchronik_1-1000x1540.jpg

Sonntag, 28. Februar 2016

Nicolas Flamel und der Stein der Weisen - Wahrheit oder Legende?

“I knew it! I knew it!” “Are we allowed to speak yet?” said Ron grumpily. Hermione ignored him. “Nicolas Flamel,” she whispered dramatically, “is the only known maker of the Philosopher's Stone!” (Joanne K. Rowling, Harry Potter and the Philosopher's Stone, S. 237)

Dieses Zitat dürfte vielen nur allzu bekannt vorkommen – sei es aus dem 1997 erschienenen ersten Band der Harry-Potter-Reihe Harry Potter und der Stein der Weisen der britischen Autorin Joanne K. Rowling oder dem 2001 in die Kinos gekommenen gleichnamigen Film. Ausgehend von der literarischen Verarbeitung des Motivs geht unser heutiger Artikel der Frage nach, was es mit der realen Person Nicolas Flamel tatsächlich auf sich hatte, was über sein Leben überliefert ist und in welcher Verbindung er mit dem sagenumwobenen Stein der Weisen (lat. lapis philosophorum, eng. philosopher's stone) steht. Handelt es sich bei Flamel wirklich, wie Hermine Ron und Harry gegenüber erklärte, um den einzigen bekannten Hersteller eines Steines, der seinem Besitzer Reichtum und Unsterblichkeit gewähren sollte? 

Phantasieportrait Flamels von Balthasar Moncornet aus dem 17. Jahrhundert https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Flamel.jpg

Sonntag, 21. Februar 2016

„so nim danne din uentilabrium“ – Schädelchirurgie im Mittelalter

Ein Name ist unweigerlich mit der mittelalterlichen Chirurgie verbunden: Roger Frugardi (1140-1195). Erst mit ihm und seinen Vorlesungen zur allgemeinen und speziellen Chirurgie an der Hochschule von Parma kam es zu einem Neubeginn der abendländischen chirurgischen Praxis und zu wundärztlichen Vorlesungen auch an den Medizinschulen von Salerno, Montpellier und Paris sowie der Entstehung der Chirurgenschule in Bologna. Mit Roger Frugardi war die Chirurgie nun kein bloßes Handwerk mehr, sondern Teil des Unterrichts an den großen mittelalterlichen Medizinschulen. Seine Vorlesungen in Parma wurden in den 1170er Jahren von Guido von Arezzo dem Jüngeren anhand von mehreren Hörermitschriften festgehalten und um 1180 mit Erkenntnissen durch die persönliche Unterweisung Arezzos durch Roger Frugardi erweitert als Practica Chirurgiae herausgegeben. Diese chirurgische Schrift, die heute als Rogerina bekannt ist, begründete nicht nur die Gattung des abendländischen chirurgischen Lehrbuchs, sondern wurde auch bis ins 14. Jahrhundert immer wieder neu überarbeitet, kommentiert und erweitert und war damit maßgeblich für das Hoch- und Spätmittelalter.
Dieser Artikel will aber nicht weiter Leben und Werk Roger Frugardis beleuchten, sondern anhand des im Breslauer Arzneibuchs (Ende 13./Anfang 14. Jh.) überlieferten Schädelchirurgischen Fragments (111v-114v), dessen Verfasser sich an der (schädel-)chirurgischen Praxis Frugardis orientierte, Einblicke in die mittelalterliche Schädelchirurgie geben. 

Sonntag, 7. Februar 2016

Die Versklavung der Roma in Südosteuropa*

Wenn ich sterbe, begrabt mich aufrecht, denn ich habe mein ganzes Leben lang auf Knien verbracht.“ So lautet ein Aphorismus der Roma. Und tatsächlich – das Leid der Roma zeigt viele Facetten. Von immer noch währendem Rassismus gegen „die dunkelhäutigen Fremden“, wie Roma auch heute noch oft bezeichnet werden, bis zur ihrer systematischen Vernichtung während des Nationalsozialismus, hat das Roma-Volk allerhand Erniedrigungen über sich ergehen lassen müssen. Doch seine Leidensgeschichte begann schon viel früher, als Mitte des 14. Jahrhunderts einzelne Roma-Gruppen aus Kleinasien in die Fürstentümer Moldau und Walachei, heute Rumänien und Moldawien, zogen. Dort fanden sie zu Anfang ihren Platz in der Gesellschaft, wenn auch auf der niedrigsten Stufe der sozialen Hierarchie, in dem sie sich in Nischenberufen betätigten. Doch diesen Platz haben sie schnell wieder eingebüßt, als das Osmanische Reich Ende des 14. Jahrhunderts die Fürstentümer zu Vasallenstaaten erklärte. Von nun an waren die Woiwoden (slawische Herrscher), Klöster und Bojaren (Großgrundbesitzer) zu hohen Tributzahlungen gezwungen, was die Nachfrage nach Arbeitskräften steigerte. Die Steuern wurden folglich erhöht und Roma kurzerhand zu robi, also Sklaven erklärt.


Porträt eines walachischen Roma-Sklaven (Rumänien)
http://rombase.uni-graz.at/cgi-bin/res.cgi?lang=de&filename=data/hist/modern/vlach.res.xml&id=1

Sonntag, 31. Januar 2016

Marie de Guise – Mutter, Witwe, Königin, Regentin

Marie de Guise erblickte als älteste Tochter Claudes de Lorraine und seiner Frau Antoinette de Bourbon am 20. November 1515 im lothringischen Bar-le-Duc das Licht der Welt. Da ihr Vater 1528 vom französischen König Franz I. (1494-1547) zum ersten Herzog von Guise ernannt wurde, gehörte Marie somit dem mächtigen französischen Adelsgeschlecht Guise an. Als Tochter eines französischen Adeligen sahen ihre Eltern für sie eine klösterliche Erziehung vor, weswegen Marie mit nur vier Jahren zu ihrer Großmutter, Philippa von Geldern, in das Klarissenkloster Pont-á-Mousson geschickt wurde. 

Porträt von Marie de Guise vom flämisch-französischen Maler Corneille de Lyon (1537)
https://de.wikipedia.org/wiki/Marie_de_Guise#/media/File:Attributed_to_Corneille_de_Lyon_-_Mary_of_Guise,_1515_-_1560._Queen_of_James_V_-_Google_Art_Project.jpg

Sonntag, 24. Januar 2016

Kaiserin Theophanu - Das Bild der westlichen Herrscherin im Wandel

„Wohl war sie vom schwachen Geschlecht, doch eigneten ihr Zucht und Festigkeit und ein trefflicher Lebenswandel, was in Griechenland selten ist; so wahrte sie ihres Sohnes Herrschaft mit männlicher Wachsamkeit in ständiger Freundlichkeit gegenüber Rechtschaffenen, in furchtgebietender Überlegenheit gegenüber Aufsässigen.“
                                                           Thietmar von Merseburg, Chronicon, IV, 10. (Übersetzung nach: Gerd Althoff, Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat, Stuttgart ²2005, S. 170.)

Mit diesen Worten schließt der Merseburger Bischof und Geschichtsschreiber Thietmar sein Urteil über die ottonische Kaiserin Theophanu ab, die nach dem Tod Ottos II. die Vormundschaft über ihren unmündigen Sohn Otto III. übernahm. Im Vergleich zu weiteren Quellen fällt dieses Urteil recht positiv aus, wobei selbst dieses Lob von Vorurteilen gegenüber Frauen und Fremden gekennzeichnet ist. Daneben sind in weiteren Quellen die Vorbehalte deutlich kritischer gefasst: Häufiger ist von einem ungewöhnlichen Auftreten, einer Verführung der westlichen Frauen zum Luxus und einer zu großen Einmischung in die von Männern beherrschte Politik die Rede. Unabhängig von diesen Urteilen stehen Theophanu und ihr Wirken in der Geschichte für einen Wandel des Bildes der westlichen Herrscherin. 

Otto und Theophanu, auf gleicher Höhe, werden von Christus gekrönt / Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/ac/Otton_II_et_Th%C3%A9ophano.JPG

Sonntag, 17. Januar 2016

Christina von Schweden - Selbstbestimmung im Rahmen ihrer Möglichkeiten

Königin Christina von Schweden (1626-1689) war vielleicht die ungewöhnlichste Königin ihrer Zeit, vor allem aber war sie eine Frau, die im 17. Jahrhundert den Mut hatte, selbstbestimmt schwerwiegende und unpopuläre Entscheidungen zu treffen und die daraus resultierenden Konsequenzen zu tragen: So weigerte sie sich Zeit ihres Lebens zu heiraten, sie entschied sich aus freien Stücken zur Abdankung und anschließend zur Konversion zum Katholizismus, auch wenn das den Bruch mit ihrem protestantischen Heimatland Schweden bedeutete. Mit der interessanten Persönlichkeit Christina von Schweden setzen wir heute unseren Themenmonat „Herrscherinnen“ fort.

Frühes Porträt um 1640, Ölgemälde von Hofmaler Jacob Henry Elbfas, Nationalmuseum Stockholm. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Queenchristine.jpg

Sonntag, 10. Januar 2016

Eleonore von Aquitanien – Kämpferin für ihre Söhne



„Eleonore von Aquitanien ist geradezu ein Paradebeispiel dafür, wie die Geschichte die Persönlichkeit formt und wie Generationen von Schriftstellern und Historikern eine Gestalt aus Fleisch und Blut entstehen lassen, hinter der die historisch bekannten Fakten längst verblaßt sind. Wie ihre Söhne Richard Löwenherz und Johann Ohneland im allgemeinen Bewußtsein als Helden […] fortleben, […] so ist auch Eleonore zmu Mythos geworden. Gerade heute, wo die Frauengeschichtsschreibung nach Identifikationsfiguren sucht, scheint ihr Schicksal besonders aktuell geworden zu sein.“ (Vones-Liebenstein, Ursula, Eleonore von Aquitanien. Herrscherin zwischen zwei Reichen, Zürich 2009 (2.Auflage), S. 113)

So beschreibt Ursula Vones-Liebenstein Eleonore von Aquitanien (1122-1204), Königin von Frankreich (1137-1152) und England (1154-1189), in ihrem Buch über deren Leben. In diesem Zitat wird bereits deutlich, dass Eleonores Persönlichkeit Menschen aller Zeiten fasziniert und gleichsam inspiriert hat, eine Art Mythos um sie zu formen. Neben ihrer häufig herausgestellten Selbstbestimmtheit finden auch ihre politische Aktivität und Agilität bis ins für diese Zeit ungewöhnlich hohe Alter (sie wurde  82 Jahre alt) bis heute noch weit verbreitete Anerkennung. Vor allem, wenn es um ihre Söhne ging, entwickelte Eleonore eine ungeheure Antriebskraft, um deren Interessen voranzubringen. Und genau darum soll es in unserem heutigen Artikel gehen, mit dem wir unseren Themenmonat „Herrscherinnen“ beginnen.